Natürlich trainieren mit Barfußschuhen

Es fühlt sich gut an. Die Schuhe sitzen angenehm leicht und umschließen meine Füße. Wie im Sommer, wenn ich mit meinen kleinen Söhnen an griechischen Stränden barfuß um die Wette laufe. Es ist früh morgens, noch frisch, und ich laufe durch Ausläufer des Kasseler Bergparks Richtung Wald. Federnd, leicht. Ich spüre den Boden.

Seit ein paar Monaten ziehe ich meine Leguanos auch zum Laufen an

Meine Füße sind kräftiger geworden, mein Laufstil geschmeidiger, selbst bei längeren Läufen. Das ging natürlich nicht von heute auf morgen. Vor vielen Jahren begann ich, auf dem Vorfuß zu laufen – die natürliche Art des Laufens.

Ich hatte damals das Gefühl, dass eine Achillessehnenreizung dadurch geheilt wurde, als ich nicht mehr mit der Ferse aufsetzte – gegen den Rat von Laufschuhverkäufern, die mir gerade aufgrund meiner Probleme noch mehr Dämpfung empfahlen. Dämpfung: wie sich zunehmend herausstellt, ein Irrweg. Neuere Studien belegen, dass gerade die bequeme Polsterung die Verletzungsanfälligkeit bei Läufern erhöht. Turner, die auf dicke Matten springen, machen ihren Körper instinktiv hart, um Halt zu finden. Auf hartem Untergrund dagegen federn sie sanft mit Muskelkraft ab.

Über Stock und Stein in alle Höhen über alle Hindernisse – so leicht in Barfußschuhen

Mein Puls wird schneller, es geht jetzt auf Waldpfaden steil bergauf. Eine ausladende Buche mit glatter, griffiger Rinde – ich klettere ein paar Meter hoch, nicht zuviel, ich habe leichte Höhenangst. Die Leguanos geben ein genaues Gefühl für die Äste; keine dicke Sohle, die falsche Sicherheit vorgaukelt. Herrlicher Blick auf die Stadt im Morgenlicht.

Weiter geht es, beim Laufen muss ich langsam tun, denn nach dem Klettern schießt der Puls ganz schön in die Höhe. Holzarbeiter haben einen großen Baum gefällt und in dicken meterlangen Stammabschnitten liegen lassen. Ich übe einige Sprünge und probiere aus lauter Übermut, ein kleines Baumstück möglichst weit zu werfen. Barfußschuhe erfordern größere Umsicht – solche Aktivitäten kann ich nicht gedankenverloren wie ein Holzfäller in Sicherheitsschuhen machen. Allerdings möchte ich bei meinem Training ja auch einüben, gleichzeitig achtsam und stark zu werden.

Ich versuche, im Hier und Jetzt zu sein, wenn ich über ein Hindernis springe. Ich möchte ein Bewusstsein dafür haben, wo meine Füße sind, wie ich mich bewegen muss, um gut auf der anderen Seite anzukommen. Nur keine stupiden Wiederholungen. Nach solch einem Morgen fühle ich mich wunderbar: erschöpft und erfrischt zugleich, ein Körpergefühl, dass mich an Nachmittage meiner Kindheit erinnert, die ich tobend, rennend, kletternd verbrachte; als die Zeit verflog und sich gleichzeitig intensiv und prallvoll mit Erlebnissen anfühlte. Vielleicht erinnern sich unsere Körper an diese grundlegenden Erfahrungen der Kindheit? Vielleicht sind uns Menschen aber auch die Erfahrungen der Zeit eingeschrieben, als wir noch Sammler und Jäger waren und barfuß durch die Wildnis zogen?

Es fühlt sich gut an!

Michael Volk

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